Beiräte im Mittelstand

Lesedauer: 3,5 Minuten | Kategorie: Aufsichtsrat & Beirat | Thema: Beiräte im Mittelstand

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Was sind die zukünftigen Herausforderungen für mittelständische Beiräte?

Traditionell war der Mittelstand immer sehr stark familiengeführt. Hier erkennen wir eine Transformation hin zu Fremdmanagement. Viele Unternehmensgründer oder die zweite, dritte Generation gehen in Rente. Mögliche Nachfolger aus der Familie wollen oder können oft nicht übernehmen (andere Karrierepläne, fehlendes Interesse, zu hohe Komplexität). Zugleich steigen mit der Größe der Unternehmen die Anforderungen an die Professionalisierung der zukünftigen Unternehmensführung. Viele Unternehmen reagieren auf diese Entwicklung mit der Entscheidung einen Beirat zu etablieren. Über die Rolle des Beirats im Wandel der Zeit, sprach Attila Khan, Geschäftsführer und Partner von The Boardroom, mit Thomas Kastner.

Interview mit Thomas Kastner
Er ist erfahrener Experte in den Bereichen M&A, Restrukturierung, Unternehmensführung, Strategieentwicklung und digitale Innovation. Er hat nicht nur langjährige Erfahrungen im internationalen Management und in der Beratung, sondern auch als Beiratsmitglied. Diese sammelte er aus Top-Positionen in Europa, Brasilien, Mexiko, China und Australien sowie als Mitglied bei Deutsche Digitale Beiräte (DDB).


Welche Rolle kommt Beiräten im deutschen Mittelstand heute zu?

Thomas Kastner: Der Beirat hat sich in vielen mittelständischen Unternehmen von einem reinen Kontrollorgan hin zu einem strategischen Sparringspartner für Geschäftsführung und Gesellschafter entwickelt. Gerade Familienunternehmen nutzen ihn, um externe Expertise, diverse Perspektiven und nachhaltige Entscheidungen einzuholen. Der Beirat im Mittelstand ist heute weit mehr als ein „verlängertes Kontrollinstrument“ – er ist ein wichtiger Impulsgeber. Gerade für junge Geschäftsführungen wird ein Beirat auch gerne als begleitender Coach genutzt.

Welche zukünftigen Herausforderungen sehen Sie für Beiräte?

Thomas Kastner: Derzeit gibt es drei übergreifende zentrale Themenfelder:

  • Erstens: Digitalisierung und KI – Beiräte müssen Unternehmen helfen, ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig zu machen. Das bedeutet nicht nur Fragen zu stellen, sondern auch Orientierung zu geben. Oft fehlt es bei diesem Thema an grundlegender Kompetenz, weshalb das Thema vernachlässigt wird. Insbesondere bei Hackangriffen sind viel Unternehmen nicht richtig vorbereitet.
  • Zweitens: Nachhaltigkeit und ESG-Anforderungen – Regulatorische Vorgaben, Berichtspflichten und gesellschaftliche Erwartungen steigen rasant.
  • Drittens: Fachkräftemangel und Transformation der Arbeitswelt – hier ist strategischer Weitblick gefragt, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Natürlich gibt es weitere, je nach Unternehmenslage wichtige Themen, bei denen der Beirat strategische Impulse geben kann.

Benötigen Beiräte im Mittelstand künftig ein anderes Kompetenzprofil?

Thomas Kastner: Absolut. Klassische Kompetenzen wie Finanz- und Rechnungswesen bleiben wichtig, aber sie reichen nicht mehr aus. Wir brauchen Beiräte mit digitalem Verständnis und Transformationskompetenz. Sie müssen die Sprache der jungen Generation verstehen. Nur so können sie als Brückenbauer zwischen Tradition und Innovation fungieren.

Inwiefern verändert sich die Erwartungshaltung der Unternehmer an den Beirat?

Thomas Kastner: Unternehmer erwarten heute mehr Nähe und gleichzeitig mehr Unabhängigkeit. Der Beirat soll ein Sparringspartner sein, der kritisch und konstruktiv begleitet, ohne operative Aufgaben zu übernehmen. Es geht darum, Vertrauen aufzubauen, aber auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Diese Balance ist anspruchsvoll – und wird in Zukunft noch wichtiger.

Was bedeutet das für die Arbeitsweise von Beiräten im Mittelstand?

Thomas Kastner: Beiräte müssen agiler werden. Anstatt sich nur z.B. viermal im Jahr zu den vorher festgelegten Sitzungen zu treffen, braucht es flexible Austauschformate, digitale Tools und kontinuierliche Kommunikation. Gerade in Krisensituationen – ob Pandemie, Hackerangriffe, Liefer-kettenengpässe oder geopolitische Spannungen – ist schnelle, informierte Beratung entscheidend.

Wenn Sie einen Rat an mittelständische Unternehmer geben müssten: Wie machen Sie Ihren Beirat zukunftsfähig?

Thomas Kastner: Mein Rat an mittelständische Unternehmer umfasst drei Punkte:

  1. Überprüfen Sie regelmäßig die Zusammensetzung: Diversität in Alter, Fachkompetenz und Erfahrung ist unerlässlich.
  2. Definieren Sie klare Rollen und Erwartungen: Nur so wird der Beirat nicht zur reinen Formalität.
  3. Investieren Sie in eine offene Kultur: Sie muss kritische Diskussionen zulassen. Ein Beirat ist nur so stark wie das Vertrauen zwischen Unternehmer, Gesellschaftern und Beiratsmitgliedern.

Und zu guter Letzt, wie kommt ein mittelständisches Unternehmen eigentlich an geeignete Beiräte?

Thomas Kastner: Viele Unternehmer greifen zunächst auf ihr persönliches Netzwerk zurück. Das ist nachvollziehbar, birgt aber die Gefahr von Einseitigkeit. Professioneller ist es, den Prozess strukturiert anzugehen: Zuerst sollte man ein Anforderungsprofil erstellen – welche Kompetenzen fehlen im Unternehmen bzw. Beirat, welche strategischen Themen stehen bevor?

Danach kann man gezielt suchen, sei es über spezialisierte Berater oder Plattformen und Netzwerke. Hier sei neben The Boardroom, ARMID (Aufsichtsräte im Mittelstand), FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte) und natürlich DDB (Deutsche Digitale Beiräte) als ausgezeichnete Netzwerke genannt. Wichtig ist ein sorgfältiger Auswahlprozess, bei dem nicht nur Fachwissen, sondern auch Persönlichkeit, Unabhängigkeit und kulturelle Passung zum Unternehmen geprüft werden.

"Ein guter Beirat ist nicht nur Experte, sondern auch Teamplayer als strategischer Taktgeber und Brückenbauer."

Attila Khan: Vielen Dank für die interessanten Einsichten, Herr Kastner!

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